#12 Und wenn jemand sagt: „Spring aus dem Fenster!“ dann machst Du das auch???
Ja klar, warum auch nicht????
Was für eine Frage. Natürlich nicht!!! Wobei. Vielleicht aus Trotz jetzt schon.
Diese Gesprächssituation gab es bei mir mit meiner lieben Mutter Monika nicht allzu oft, aber wenn es die gab, dann war sie da. So wie sie seit Generationen da gewesen ist. Bei fast allen die ich kenne.
Dass diese Fenster-Frage bei mir und meiner Mutter Monika nicht all zu oft vor kam, dafür gab es mindestens zwei Gründe: Dies lag zum einen daran, dass ich es als 4. von vier Kindern immer schon besser fand alles anders zu machen als meine drei Geschwister, denn dies erhöhte die Aufmerksamkeit meiner lieben Eltern mir gegenüber. Die bloße Nachahmung war also aufgrund der geringen Aufmerksamkeitsspanne nicht so sehr verlockend.
Zum anderen ist mir ein bereits frühzeitig ausgeprägter Starrsinn eigen, nämlich dass ich oft denke, immer die bessere Idee für eine Problemlösung zu haben und den optimaleren Weg zu finden, als den, den andere mir vorschlagen. Dies hat mir zwar – so wird jetzt deutlich – oft den Fenster-Spruch erspart, dafür wurde mir jedoch beständig „Jaja, immer mit der Kopf durch die Wand!“ hinterher gerufen, auf das ich leise trotzig vor mich hin murmelte „bis er blutig ist und auch dann noch weiter!“
Folgte ich nun aber doch einmal einer Empfehlung, einem Rat (und der musste schon von der besten Lebensabschnitts-Freundin oder irgendeinem dahergelaufenem Boah-Ey-der hat´s-drauf-Typen (m/w) sein), war ich nicht immer in der Lage diese Vorgabe bis ins kleinste Detail abzuwägen und zu prüfen und in das mitgelieferte aber nicht immer parat habende Wertesystem einzuordnen – Herrje, ich war ein Kind!!!
Immerhin habe ich doch manch Ratschläge angenommen, wenn auch möglicherweise nicht von denen, von denen es sich meine Eltern – insbesondere meine liebe Mutter Monika – gewünscht hätte. Aber gut. Im Gutglauben, im Feuereifer, im Gefallen-Wollen, da gibt es kein Zweifel. Zweifel kamen jedoch meiner Mutter, wenn sie teils hysterisch anmutend oder manchmal auch süffisant die Frage nach dem Fenstersprung stellte.
Jeder von Euch, der diesen Fenster-Dialog schon mal erlebt hat, weiß, die entscheidende Frage VOR dem Fenster-Spruch ist die Frage WER einem diesen Unsinn, den man verzapft hat, vorgemacht oder eingeredet hat!
Und da sind wir da bei Pudels Kern. Der auf die Frage nach dem WER angegebene Namen des Boah-Ey-der-hat’s-drauf-Typen (m/w) war natürlich entweder eine Ausrede (denn er war es eigentlich gar nicht, sondern man selbst kam auf die glorreiche Idee), oder eine Rechtfertigung (schließlich war es ja wohl nicht meine Idee!, sondern die von …).
In beiden Fällen fühlt man sich ja als Kind nicht besonders lange blöd, wenn man den Boah-Ey-der-hat’s-drauf-Typen (m/w) der Mutter zum Fraß vorwirft. Entsetzlicherweise aber ist der Name des Boah-Ey-der-hat’s-drauf-Typen (m/w) trotz dessen, dass man ihn verraten hat, völlig irrelevant für die Mutter (es sei denn es war etwas wirklich, wirklich unangebrachtes was gelaufen ist). Der genannte Name ist vielmehr ein neues Argument für das Erziehungsgespräch mütterlicherseits.
Denn es geht in dieser Frage nach dem WER und dem implizierten „Wen interessiert es, wer WER ist?“ lediglich darum, dem Kinde (mir!) deutlich zumachen, dass es völlig und zwar völlig egal ist, wer der Boah-Ey-der-hat’s-drauf-Typen (m/w) ist und dass er dieses oder jenes vorgemacht oder angeraten hat. Es geht bei der Frage: „Und wenn jemand sagt „Spring aus dem Fenster!“ dann machst Du das auch????“ darum, dem Kinde (mir!) unmissverständlich deutlich zu machen, dass es durch die bloße Nachahmung oder gar Ausführung sein eigenes Hirn in der Hosentasche vergessen hat oder vielleicht sogar den Arsch nicht in der Hose hatte, die Ergüsse des Boah-Ey-der-hat’s-drauf-Typen (m/w) rechtzeitig in Frage zu stellen und letztlich eine andere, die (möglicherweise) RICHTIGE Entscheidung zu treffen.
Und dieser Moment in der Argumentationskette war zwischen meiner Mutter Monika und mir entweder Auftakt, Schlusspunkt oder mit den Jahren der Stärkung meinerseits, auch Auftakt in die zweite Diskussionsrunde.
Machen wir uns nichts vor.
Jeder hat diesen Spruch schon mal gehört. Also zumindest jeder der dies zugibt. In meinem Familien und Freundeskreis jedenfalls ist man/frau entweder bereits als Kind Opfer dieses Ausspruches geworden oder steht derzeit als Mutter/Vater selbst immer mal wieder vor einem hysterischen Nervenzusammenbruch ob einer sinnlosen Entscheidung des Kindes, welches Gutglaubens dem Ratschlag einer Dumpfbacke gefolgt ist. Und man kann von Glück sagen, wenn diese Dumpfbacke nur Dumpfbacke und nicht gar eine bösartige oder kriminelle Dumpfbacke ist. Und man kann in solch einer Situation nur hoffen, dass die Kraft für die zweite Diskussionsrunde ausreicht oder man eine gottgegebene Dramatik in seiner Stimme mitgegeben bekommen hat, wie es meiner großen Schwester gegeben wurde, und die ausgesprochene mütterliche Lebensweisheit mit einer kurzen Standpauke fruchtet.
Im Übrigen ist man auch im Erwachsenenalter nicht vor solch einem Muttispruch gefeit. Ich erinnere mich an eine etwas prekäre Situation zu Studienzeiten mit meiner lieben Schelmine, da ist mir doch glatt eben dieser Spruch rausgerutscht. Das erstaunte Gesicht und das sofortige Aufkeimen von Kindheitserinnerungen könnt ihr euch sicher vorstellen – nicht umsonst sind wir auf die Blog-Idee gekommen. Unsere Mütter namens Monika haben nun mal ganze Arbeit geleistet!